Der große Einfluss des Klappentextes
Eine aussagekräftige Inhaltsangabe, die vielversprechend klingt, ohne zu viel zu verraten, und begeisterte Worte mit viel warmem Lob von namhaften Kollegen oder Rezensenten: Der Klappentext und die sogenannten Blurbs sollen unsere Neugier wecken und uns dazu anregen, das Buch zu kaufen. Doch wie bedeutsam ist der Klappentext wirklich? Kann er unsere Entscheidung tatsächlich beeinflussen? Und wie kommt es überhaupt, dass auf Büchern Zusammenfassungen und Lobeshymnen stehen?
Wie alles begann
Jedes Jahr finden unzählige Neuerscheinungen ihren Weg auf den Buchmarkt. Der überwiegende Teil davon steckt in einem Schutzumschlag, auf dem ein Klappentext und lobende Zitate stehen. Dass dem so ist, geht auf die beiden Herren Karl Robert Langewiesche und Gelett Burgess zurück.
Der Verleger Karl Robert Langewiesche kam im Jahr 1902 auf die Idee, seine Bücher in einem blauen Schutzumschlag herauszubringen.
Seinerzeit galt das als modern. Noch außergewöhnlicher war aber seine zweite Idee: Auf die Rückseite und die eingeschlagene Klappe des Schutzumschlags druckte er eine Zusammenfassung des Inhalts, um auf diese Weise für das Buch zu werben.
Fünf Jahre später hatte der US-amerikanische Autor, Künstler und Satiriker Gelett Burgess einen nicht minder bahnbrechenden Einfall. Er ließ auf seinem Buch „Are You a Bromide?“ eine attraktive junge Frau abbilden.
Sie hieß angeblich Belinda Blurb und warb für „das großartige Buch“. Seitdem wird der Klappentext auf Englisch „blurb“ genannt.
Gemeint sind damit aber, wie auch hierzulande, in erster Linie die lobenden Zitate auf den Schutzumschlägen, ähnlich wie jenes der fiktiven Miss Blurb.
Inhalt
Inhalt und Stimmung des Buchs
Unabhängig davon, ob er auf der vorderen, umgeklappten Seite des Einbands oder auf der Rückseite steht, soll der Klappentext nicht einfach nur in wenigen Zeilen den Inhalt des Buchs beschreiben. Stattdessen soll er auch die besondere Atmosphäre vermitteln, die das Buch auszeichnet.
Seine Aufgabe ist, clever und kreativ den Zugang zu dem Buch zu eröffnen, um uns auf diese Weise neugierig zu machen und dazu anzuregen, das Buch tatsächlich zu lesen.
Eine Umfrage aus dem Jahr 2024 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels bestätigt den großen Einfluss des Klappentextes auf junge Leser.
In der Gruppe der 16- bis 19-Jährigen gaben rund 54 Prozent der Befragten an, dass ihnen ein informativer Klappentext bei der Kaufentscheidung für ein Buch wichtig sei. Unter den 20- bis 29-Jährigen machten sogar 66 Prozent diese Aussage. Aktuelle Zahlen von älteren Lesern gibt es nicht.
Diese Werte sind erstaunlich hoch, wenn wir uns vor Augen führen, dass gerade junge Leute ihre Lesetipps und Buchempfehlungen hauptsächlich aus dem Internet und den sozialen Medien beziehen.
Zumal dazukommt, dass immer mehr Autoren ein direktes Marketing wählen und versuchen, ihre Leser über Plattformen wie Instagram und TikTok zu erreichen.
Hohe Kunst mit Reichweite
Ausgedient hat der Klappentext aber trotzdem noch lange nicht. Denn in gewisser Hinsicht ist er multifunktional. So richtet er sich nicht nur an die Interessenten, die auf der Suche nach neuer Lektüre in einer Buchhandlung stöbern.
Stattdessen wird der Klappentext meist in der originalen Fassung auch in Onlineshops, Blogs, Onlinemagazinen, Fanforen oder Programmen von Veranstaltungen veröffentlicht. Dadurch kann er eine sehr große Reichweite erzielen.
Kein Wunder also, dass Verlage, Autoren und Branchenexperten nicht nur betonen, welch große Bedeutung der Klappentext hat, sondern auch darauf hinweisen, dass das Verfassen eines gelungenen Kurztextes eine hohe Kunst sei. Ähnlich anspruchsvoll kann das Formulieren der lobenden Worte sein.
Denn Blurbs können ebenfalls als wertvolle Orientierungshilfe dienen. Wenn zum Beispiel unser Lieblingsautor ein Buch empfiehlt, ist ziemlich wahrscheinlich, dass diese Lektüre auch unseren Geschmack trifft.
Genauso ist es eine große Auszeichnung für ein Buch, wenn ein angesehener Autor oder ein renommierter Literaturkritiker vom Werk eines jungen Nachwuchsschriftstellers schwärmt.
Manchmal nur werbewirksame Floskeln
Der Klappentext fasst die Geschichte oder das Thema zusammen und stimmt auf den Inhalt ein. Bei den Blurbs ist das etwas anders.
Lobende Worte wie „herausragendes Debüt“, „sensationelle Geschichte“, „Gänsehaut von der ersten bis zur letzten Seite“ oder „großartig und tief bewegend“ klingen zwar schön, sind aber so allgemein, dass sie wenig über das Buch aussagen.
Zudem möchten wir als Leser nicht ständig die gleichen Floskeln lesen. Ein anderer Aspekt ist, dass ein namhafter Autor gut vernetzt ist und deshalb sicher einen prominenten Fürsprecher für sein Werk findet.
Im Gegenzug revanchiert er sich dann später mit einem lobenden Zitat. Doch dadurch verkommen Blurbs mitunter zu reinen Marketing-Phrasen.
Tatsächlich sind auch Autoren nicht immer angetan, wenn sie Lobesworte für Kollegen schreiben sollen. Denn wenn regelmäßig Anfragen eintrudeln, ist der Zeitaufwand immens. Schließlich müssen die Bücher erst einmal gelesen werden, um dann ein kurzes, auf den Punkt gebrachtes Lob zu formulieren.
Andererseits können manche Blurbs Stoff für spannende Diskussionen liefern, etwa wenn wir einen Roman längst als nicht so „fesselnd, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann“ empfinden.
Auch durch solche Debatten über widersprüchliche Ansichten können Klappentexte und Blurbs die Verkaufszahlen indirekt ankurbeln.
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