Was ist ein Materndienst?

Was ist ein Materndienst?

Wer in größerer Runde die Frage stellt, was ein Materndienst ist, wird vermutlich in ratlose Gesichter schauen und überwiegend Schulterzucken ernten. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem Wort ein alter Begriff aus dem Zeitungswesen, der inzwischen nur noch selten verwendet wird. Doch das heißt nicht, dass der Materndienst als solches ausgestorben wäre. Ganz im Gegenteil, kommen Materndienste nach wie vor zum Einsatz, und das sowohl in Printmedien als auch online.

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Was ist ein Materndienst

Was ist ein Materndienst?

Manchmal erlaubt die Wortwahl in einem Gespräch Rückschlüsse auf das ungefähre Alter des Gegenübers. Berichtet ein Gesprächspartner zum Beispiel von einem Diskobesuch am Wochenende, wird er vermutlich irgendwo in der 40ern oder älter sein. Wäre er jünger, hätte er anstelle der Disko von einem Club erzählt.

Ähnlich ist es mit dem Materndienst. Erfahrene PR-Leute verwenden den Begriff nach wie vor. Im Unterschied dazu können jüngere Kollegen oft nichts damit anfangen. Doch das liegt nicht daran, dass es keine Materndienste mehr gibt. Es ist vielmehr so, dass die Dienstleistung inzwischen eher mit dem neudeutschen Begriff Advertorial bezeichnet wird.

Hinter beiden Begriffen, also dem Materndienst wie dem Advertorial, verbergen sich redaktionell aufbereitete Werbeanzeigen, die kostenpflichtig veröffentlicht werden. Vor diesem Hintergrund ist es möglich, die Wörter synonym zu verwenden. Allerdings sind Materndienste sehr viel älter. Außerdem dienten sie früher anderen Zwecken.

Wie haben sich Materndienste entwickelt?

Der Materndienst hat seine Wurzeln in der traditionellen Produktion von Zeitungen. Dabei wurden Druckplatten mit einer Papiermasse überzogen. Wenn die Papiermasse getrocknet war, konnten die entstandenen Platten ihrerseits als Druckvorlagen verwendet werden. Die ursprüngliche Druckplatte war die sogenannte Mater, was auf das lateinische Wort für Mutter zurückgeht.

Weil die Papp-Druckplatten vergleichsweise wenig wogen, konnten sie recht gut verschickt werden. Der Empfänger hatte dann die Möglichkeit, selbst Zeitungsseiten zu drucken, ohne dafür einen redaktionellen Aufwand betreiben zu müssen.

In ihrer klassischen Form hatten Materndienste ihre Hochzeit während der Weimarer Republik. Allerdings ging es seinerzeit nicht um Werbung. Stattdessen stand die politische Berichterstattung im Vordergrund.

Denn in den 1920er-Jahren bezeichneten Materndienste die redaktionellen Mantelteile einer Zeitung. Die Mantelteile berichteten über die Politik aus Berlin, befassten sich aber auch mit bunten Themen wie Mode, Haushalt, Kultur oder enthielten Fortsetzungsromane.

Erstellt wurden die Mantelteile von speziellen Dienstleistern, die damit die lokalen Blätter belieferten. Dadurch konnten die Heimatblätter ihre redaktionelle Arbeit auf die lokalen Nachrichten beschränken.

Je weiter sich die Materndienste verbreiteten, desto größer wurde auch ihr Einfluss auf die politische Meinungsbildung in der Gesellschaft. Diesen Effekt machte sich etwa Alfred Hugenberg zunutze. Der Medienunternehmer, der später unter Hitler Minister wurde, hetzte gegen die junge Demokratie. Und weil seine Wirtschaftstelle der Provinzpresse Mitte der 1920er-Jahre rund ein Drittel der deutschen Printmedien belieferte, ebnete er auf diese Weise der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten den Weg.

Aus diesem Grund unterbanden die Alliierten in der Nachkriegszeit die erneute Gründung von politischen Materndiensten. Erst mit dem Wirtschaftsaufschwung in den 1960er- und 70er-Jahren kamen die Materndienste wieder auf. Seitdem zielen sie aber nicht mehr darauf ab, politische Inhalte zu vermitteln.

Stattdessen geht es darum, anzeigenfreundliche Umfelder zu gestalten. Durch typische Verbraucherthemen können Verlage ihren Werbekunden auch ohne eigene Service-Redaktion ein ansprechendes, redaktionelles Umfeld für die Anzeigen bereitstellen.

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Welchen Stellenwert hat der Materndienst heute?

In der heutigen Form ist der Materndienst eine redaktionell gestaltete Anzeige, die Text und Bild umfassen kann und kostenpflichtig geschaltet wird. Damit ist der Materndienst ein Mittelding zwischen einer reinen Werbeanzeige und einem PR-Artikel.

Die redaktionelle Ausgestaltung sorgt dafür, dass der Beitrag sowohl inhaltlich als auch optisch wie ein Artikel der Redaktion wirkt. Dadurch unterscheidet sich der Materndienst klar von bloßer Werbung.

Verglichen mit einem PR-Artikel, kann der Materndienst aber trotzdem deutlich werblicher gehalten sein. So ist es möglich, das Unternehmen oder die Produkte, um die es geht, mehrfach zu nennen. Tatsächlich können sie sogar schon im Titel auftauchen.

Für die Veröffentlichung in den Medien muss der Kunde bezahlen. Aus diesem Grund muss der Beitrag dann auch als Werbeanzeige gekennzeichnet sein.

Das entsprechende Budget vorausgesetzt, kann der Kunde durch den Materndienst Einfluss auf die erzielbare Auflage nehmen und erreichen, dass sein Text kurzfristig erscheint. Bei einem PR-Artikel hingegen hängt es von der Entscheidung der Redaktion ab, ob, wie und wann sie den Text veröffentlicht.

Inwieweit der Materndienst das richtige Instrument ist, richtet sich nach der Zielsetzung. Möchte der Kunde ein Thema glaubwürdig und zugleich kostengünstig vermitteln, ist er mit einem redaktionell aufbereiteten PR-Artikel gut beraten.

Will er seine Zielgruppe hingegen gezielt ansprechen, eine zeitnahe und weitreichende Veröffentlichung sicherstellen und erklärende Informationen mit Mehrwert bieten, ist der Materndienst besser geeignet als eine plakative Werbeanzeige.

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Gerd Traube, studierter Germanist und Buchautor, geboren 1966, Michaela Lange, geboren 1978, Deutschlehrerin und Privatautorin, Canel Gülcan -Studentin Lehramt Deutsch/Germanistik, sowie Ferya Gülcan Redakteurin und Betreiberin dieser Seite, schreiben hier für Sie/euch alles Wissenswerte zum Thema Schreiben. Ob für Schule, Beruf, angehende Schriftsteller oder Redakteure, wir hoffen, dass unsere Übungen und Anleitungen Ihnen weiterhelfen.

2 Gedanken zu „Was ist ein Materndienst?“

  1. Ja, apropos Wortwahl… die ist mir hin und wieder peinlich, weil ich mich damit entlarve und obendrein für mein Gegenüber undeutlich ausdrücke.
    Ich komme aus der Schweiz und ich empfinde das Hochdeutsch eher als Fremdsprache, dementsprechend schwierig wird es oft…

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