Versprecher, die zum Wortschatz gehören

Einige typische Versprecher, die mittlerweile fast schon zum Wortschatz gehören

Wer in Deutschland aufgewachsen ist oder seit vielen Jahren täglich die deutsche Sprache benutzt, fühlt sich im Umgang damit meist recht sicher. So muss nicht lange überlegt werden, wie denn die richtige Vokabel heißt oder welcher Artikel zu einem Wort gehört, sondern die Sätze können nahezu automatisch gebildet werden.

Versprecher, die zum Wortschatz gehören

Dabei ist ein sicherer Umgang mit der deutschen Sprache auch sehr wichtig, denn anders ist eine Kommunikation am Arbeitsplatz, in der Schule und im privaten Umfeld kaum möglich.

Besonders wichtig sind die Sprachkenntnisse außerdem für alle diejenigen, die sich auf professioneller Basis mit der Sprache auseinandersetzen und sich ihren Lebensunterhalt oder ein kleines Nebeneinkommen durch das Verfassen von Texten, Artikeln, Gedichten oder Büchern verdienen.

Umso erstaunlicher ist es da, dass es so einige Redewendungen gibt, die grammatikalisch gesehen Fehler und Versprecher sind.

Da diese Redewendungen jedoch mittlerweile schon fast zum Wortschatz gehören, werden sie von vielen nicht mehr als falsch wahrgenommen.

Um diese sprachlichen Fehler künftig zu vermeiden, hier die am häufigsten anzutreffenden Versprecher in der Übersicht.

Der, die oder das Einzigste

Sehr häufig werden besondere Tatsachen, Situationen, Lösungen oder Gegenstände in der Form hervorgehoben, indem sie als der, die oder das „Einzigste“ bezeichnet werden.

Aber bei dem Wort einzig handelt es sich um ein sogenanntes Absolutadjektiv und damit um ein Wort, bei dem wie bei den Worten völlig oder perfekt keine Steigerung mehr möglich ist.

Um die Besonderheit herauszustellen, reicht es also völlig aus, von dem oder der Einzigen zu sprechen. Genauso falsch sind übrigens Steigerungsformen des Wortes optimal.

Hier ergibt sich der Fehler dadurch, dass viele das Wort optimal synonym mit gut verwenden. Wenn etwas gut ist, kann es jedoch in einen besseren oder in den besten Zustand gesteigert werden.

Wenn etwas aber schon optimal ist, ist es bereits perfekt und eine weitere Verbesserung im Sinne einer Steigerung ist nicht möglich.

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Der Wehmutstropfen

Wenn die Dinge nicht so laufen, wie dies eigentlich geplant oder erhofft war, kann so mancher etwas wehmütig werden. Der in diesem Zusammenhang oft zitierte „Wehmutstropfen“ ist so aber schlichtweg falsch.

Gleiches gilt für die verbreitete Form des „Wehrmutstropfens“, denn auch mit dem Wort wehren besteht kein Zusammenhang.

Die richtige Form muss Wermutstropfen heißen, denn Namensgeber für diese Redewendung ist das Kraut Wermut. Wermut enthält einen hohen Anteil an Bitterstoffen und bewirkt dadurch, dass eine ansonsten schmackhafte oder süße Speise einen bitteren Beigeschmack bekommt.

Der Psychiater

Die meisten wissen, dass die Vorsilbe Psycho- für Seele steht und können sehr genau zwischen psychologischen und damit seelischen und physiologischen, also körperlichen Leiden unterscheiden.

Analog zu Psycho- wird dann aber die Vorsilbe Psycha- konstruiert und damit ergibt sich ein weit verbreiteter Fehler.

Der Psychiater ist nämlich eigentlich ein Psychiater und die Psychiatrie ist eigentlich die Psychiatrie. Dies liegt daran, dass diese beiden Begriffe ihre Wurzeln in den Begriffen „psyche“ und „iatreia“ für Heilung finden und zusammen dann eben beispielsweise zur Psychiatrie verschmelzen.

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Kreissaal, Litfasssäule und Imbus-Schlüssel

Typischerweise schleichen sich Fehler gerne dann ein, wenn es sich um Wörter handelt, die auf altdeutsche Begriffe zurückgehen oder nach ihrem Erfinder benannt sind. Ein Beispiel hierfür ist der „Kreissaal“.

Dieses Wort hat nichts damit zu tun, dass es sich bei dem Raum, in dem Kinder geboren werden, um einen runden Raum handelt. Die Wurzeln liegen vielmehr in dem altdeutschen Wort kreißen, was in den Wehen liegen bedeutet.

Insofern ist der Kreissaal korrekterweise der Kreißsaal. Ein anderes Beispiel ist die „Litfasssäule“. Nach den neuen deutschen Rechtsschreibregeln wird das Wort Fass zwar mit ss und nicht mehr mit ß geschrieben, aber die Form, die an ein Fass erinnert, ist eher zufällig.

Der Name geht auf den Erfinder Herr Litfaß zurück und aus diesem Grund muss es richtig auch Litfaßsäule heißen. Ebenfalls typisch ist, von einem „Imbus-Schlüssel“ zu sprechen.

Der Name dieses Werkzeugs ist aber eine Abkürzung seiner Form und den Namen seiner Erfinder. Ausgeschrieben würde die Bezeichnung Innensechskantschlüssel Bauer und Schaurte heißen und daher heißt das Werkzeug auch Inbus-Schlüssel.

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Spaghettis, Raviolis und Tortellinis

Nachdem die italienische Küche aus deutschen Esszimmern und Restaurants kaum noch wegzudenken ist, finden sich häufig auch Nudelgerichte wie „Spaghettis“, „Raviolis“ und „Tortellinis“ auf dem Speiseplan.

Da bei einer Mahlzeit nun aber mehr als nur eine einzige Nudel gegessen wird, wird die Mehrzahl gebildet, indem einfach ein s angehängt wird.

Allerdings handelt es sich bei beispielsweise Spaghetti bereits um die Mehrzahl, denn in der italienischen Sprache kommt diese durch die Endung i zum Ausdruck. Würde es sich um nur eine Nudel handeln, würde es Spaghetto heißen.

Mund-zu-Mund-Propaganda

Weit verbreitet, aber schlichtweg falsch ist es, von einer „Mund-zu-Mund-Propaganda“ zu sprechen. Richtig heißt der Begriff nämlich Mundpropaganda und ist gleichbedeutend mit dem Wort Hörensagen.

Durch das Wort Hörensagen wird dabei auch etwas deutlicher, worum es geht, nämlich um die Verbreitung von Informationen durch eine Kommunikation, die die Sinne Hören und Sprechen gleichermaßen einschließt.

Die Informationen gelangen also aus einem Mund in ein Ohr und von dort aus über einen weiteren Mund in das nächste Ohr.

Bei einer Mund-zu-Mund-Propaganda müssten die Informationen hingegen auf direktem Wege von einem Mund in den nächsten Mund übertragen werden und dies wiederum ist strenggenommen nur durch einen Kuss oder eine Mund-zu-Mund-Beatmung möglich.

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Weitere typische Stolperfallen – kurz, klar, merkbar

„scheinbar“ vs. „anscheinend“

anscheinend = vermutlich, den Anzeichen nach.
scheinbar = nur dem Schein nach, tatsächlich aber nicht.

  • Anscheinend kommt er später. (Vermutung)
  • Der Akku ist scheinbar voll, bricht aber sofort ein. (Täuschung)

Merksatz: Wenn du es ernst meinst, nimm anscheinend. Bei Täuschung scheinbar.

„seid“ oder „seit“?

seid = Verbform von sein (ihr seid).
seit = Präposition/Adverb für Zeit.

  • Ihr seid großartig.
  • Seit gestern regnet es.

Mini-Test: Kannst du seid durch wart/seid ersetzen? Ja → seid. Nein → seit.

„dass“ oder „das“?

dass leitet Nebensätze ein.
das ist Artikel oder Relativpronomen.

  • Ich glaube, dass es klappt.
  • Das Buch, das du liest, ist neu.

Merksatz: Ersetze probeweise durch „dieses/jenes/welches“. Geht’s? Dann das. Wenn nicht: dass.

„wider“ vs. „wieder“

wider = gegen. wieder = erneut.

  • Das verstößt wider Recht und Gesetz.
  • Wir sehen uns wieder.

Vergleich: „als“ oder „wie“?

als beim Komparativ, wie bei Gleichheit.

  • Schneller als gestern.
  • So schnell wie sein Bruder.

Hinweis: „größer wie“ ist standardsprachlich falsch (regional verbreitet, aber in formellen Texten vermeiden).

Genitiv oder Dativ nach Präpositionen?

Standardsprachlich steht nach wegen, trotz, während der Genitiv:

  • Wegen des Regens fiel das Spiel aus.
  • Trotz des Lärms blieb es ruhig.
    Umgangssprachlich hört man den Dativ („wegen dem Wetter“). In professionellen Texten Genitiv verwenden.

Apostroph-Fallen („Deppenapostroph“)

Der Genitiv bekommt im Deutschen kein Apostroph:

  • Lisas Blumenladen (nicht: Lisa’s).
    Ausnahme: Namen mit s-Laut am Ende – dann steht nur der Apostroph:
  • Hans’ Auto, Marx’ Theorie.

Merksatz: Apostroph ist die Ausnahme, nicht die Regel.

Pleonasmen – doppelt gemoppelt

Überflüssige Doppelungen schleichen sich schnell ein:

  • „kostenlos gratis“, „vorprogrammierte Fehler“, „runde Kugel“.
    Besser präzise formulieren: gratis, programmiert, Kugel.

Kontaminationen (vermischte Wendungen)

Zwei Redewendungen werden gekreuzt – und klingen seltsam:

  • „Das ist lockerer Unsinn“ (locker + blanker Unsinn)
  • „im groben Kern“ (im Groben + im Kern)
    Tipp: Eine feste Wendung wählen – nicht zwei halb.
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Anglizismen & falsche Freunde

  • aktuell ≠ actually → eigentlich
  • eventuell ≠ eventually → schließlich
  • spenden ≠ to spend → ausgeben
    Anglizismen gern nutzen, aber Bedeutung prüfen – sonst knirscht’s semantisch.

Falsche Plurale – die Klassiker

  • der Kaktus → die Kakteen (nicht: Kaktusse)
  • das Visum → die Visa/Visen (nicht: Visums)
  • der Index → die Indizes/Indexe (Kontext beachten: Mathematik meist Indizes)

Getrennt- und Zusammenschreibung – pragmatisch gelöst

Einige Verben sind heute zusammengeschrieben üblich:

  • kennenlernen, spazierengehen, teilnehmen.
    Wenn du unsicher bist: Duden-Prüfung oder konsistent eine Form im gesamten Text verwenden. Konsistenz wirkt professionell.

Bindestrich bei Mischbegriffen

Bindestriche erhöhen Lesbarkeit und vermeiden Missverständnisse:

  • E-Mail, Online-Shop, Content-Strategie, KI-gestützt.
    Faustregel: Wo zwei Substantive/Signalwörter kollidieren, verbindet der Bindestrich sauber.

„Sinn ergeben“ statt „Sinn machen“

„Sinn machen“ ist umgangssprachlich etabliert; in formellen Texten wirkt Sinn ergeben stilistisch runder.

  • Die Regel ergibt Sinn.
    Wenn du locker klingst, ist „Sinn machen“ okay – entscheide nach Textsorte und Zielgruppe.

„zumindest“ – nicht „zumindestens“

Kurz und korrekt: zumindest.
Dasselbe gilt für: im Voraus (nicht: vorraus), Standard (nicht: Standart), Rhythmus (ja, mit h).

„dasselbe“ oder „das Gleiche“?

dasselbe = identisches Exemplar, das Gleiche = gleiche Art.

  • Wir tragen dasselbe Trikot (ein Trikot).
  • Wir tragen das Gleiche (Modell, aber zwei Exemplare).

Kongruenz: „Die Mehrheit ist …“

Kollektivsubstantive stehen im Singular, wenn die Gruppe als Einheit gedacht ist:

  • Die Mehrheit ist dafür.
    Bei Fokus auf den Einzelnen in der Gruppe sind Pluralformen möglich:
  • Die Mehrheit sind Eltern mit Kindern. (umgangssprachlich, im Amtstext besser: „Die meisten sind …“)

Weiterführende Tipps, Vorlagen und Anleitungen zum Schreiben:

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Gerd Traube, studierter Germanist und Buchautor, geboren 1966, Michaela Lange, geboren 1978, Deutschlehrerin und Privatautorin, Canel Gülcan -Studentin Lehramt Deutsch/Germanistik, sowie Ferya Gülcan Redakteurin und Betreiberin dieser Seite, schreiben hier für Sie/euch alles Wissenswerte zum Thema Schreiben. Ob für Schule, Beruf, angehende Schriftsteller oder Redakteure, wir hoffen, dass unsere Übungen und Anleitungen Ihnen weiterhelfen.

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